Konglomerat aus Verschwörungsmythen festgenommen

Die Bundesanwaltschaft hat in den frühen Morgenstunden des 7. Dezember 2022 auf Grundlage von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs 22 mutmaßliche Mitglieder sowie drei mutmaßliche Unterstützer einer terroristischen Vereinigung festnehmen lassen.

Bei den mutmaßlichen Vereinigungsmitgliedern handelt es sich um die deutschen Staatsangehörigen

Maximilian E.

Michael F. Paul G. Norbert G. Markus H. Frank H. Matthias H. Ruth L. Birgit
M.-W. Andreas M. Thomas M. Harald P. Heinrich XIII P. R. René R. Melanie R. Ralf
S. Wolfram S. Thomas T. Marco v. H. Rüdiger v. P. Christian W. und Peter W.

Als mutmaßliche Unterstützer festgenommen wurden

die russische Staatsangehörige Vitalia B. der deutsche Staatsangehörige
Alexander Q. und der deutsche Staatangehörige Frank R.

Die Festnahmen erfolgten an verschiedenen Orten in Baden-Württemberg, Bayern,
Berlin, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen sowie in einem Fall in
Österreich (Kitzbühel) und in Italien (Perugia). Zeitgleich haben dort und in
anderen Bundesländern (Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,
Saarland) richterlich angeordnete Durchsuchungsmaßnahmen in bislang über 130
Objekten begonnen. Diese Maßnahmen dauern an. Sie richten sich auch gegen
weitere 27 Beschuldigte. Zudem werden Räumlichkeiten von nichttatverdächtigen
Personen durchsucht.

Im Einzelnen:

A. Die festgenommenen Beschuldigten sind dringend verdächtig, sich in einer
inländischen terroristischen Vereinigung mitgliedschaftlich betätigt (§ 129a
Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder im Falle von Vitalia B., Alexander Q. und Frank R. eine
solche Vereinigung unterstützt (§ 129a Abs. 5 S. 1 StGB) zu haben. Die
mutmaßlichen Vereinigungsmitglieder Heinrich XIII P. R. und Rüdiger v. P. sollen
als Rädelsführer agiert haben (§ 129a Abs. 4 StGB).

Die Haftbefehle gehen im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die festgenommenen Beschuldigten gehören zu einer spätestens Ende November 2021
gegründeten terroristischen Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die
bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden und durch eine
eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Den
Angehörigen der Vereinigung ist bewusst, dass dieses Vorhaben nur durch den
Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten
verwirklicht werden kann. Hierzu zählt auch die Begehung von Tötungsdelikten.
Die Beschuldigten verbindet eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen
und der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland,
die im Laufe der Zeit bei ihnen den Entschluss hat wachsen lassen, sich an ihrer
gewaltsamen Beseitigung zu beteiligen und hierfür in konkrete
Vorbereitungshandlungen einzutreten.

Die Mitglieder der Gruppierung folgen einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen
bestehend aus Narrativen der sog. Reichsbürger- sowie QAnon-Ideologie. Sie sind
der festen Überzeugung, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sog.
„Deep State“ regiert wird. Befreiung verspricht nach Einschätzung der Mitglieder
der Vereinigung das unmittelbar bevorstehende Einschreiten der „Allianz“, eines
technisch überlegenen Geheimbundes von Regierungen, Nachrichtendiensten und
Militärs verschiedener Staaten, einschließlich der Russischen Föderation sowie
der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Vereinigung ist der festen Überzeugung,
dass sich Angehörige der „Allianz“ bereits in Deutschland aufhalten und deren
Angriff auf den „Deep State“ zeitnah bevorstehe.

Die Bekämpfung der verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des Staates
sowie die Absicherung der Macht sollen durch die Vereinigung und ein
deutschlandweites Netz von ihr gegründeter Heimatschutzkompanien übernommen
werden. Diese gewaltsame Beseitigung des demokratischen Rechtsstaats auch auf
Ebene der Gemeinden, Kreise und Kommunen soll durch Angehörige eines
„militärischen Arms“ durchgeführt werden. Der Vereinigung ist zwar bewusst, dass
es dabei auch zu Toten kommen wird. Sie nimmt dieses Szenario aber als
notwendigen Zwischenschritt zur Erreichung des von ihr angestrebten
„Systemwechsels auf allen Ebenen“ zumindest billigend in Kauf.

Hierzu soll von der Vereinigung eine (militärische) Übergangsregierung gebildet
werden, die nach der Vorstellung der Vereinigungsmitglieder dem klassischen
Reichsbürgernarrativ entsprechend die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit
den alliierten Siegermächten des 2. Weltkriegs verhandeln soll. Zentraler
Ansprechpartner für diese Verhandlungen ist aus Sicht der Vereinigung derzeit
ausschließlich die Russische Föderation. Der Beschuldigte Heinrich XIII P. R.
hat auch bereits Kontakt mit Vertretern der Russischen Föderation in Deutschland
aufgenommen. Nach den bisherigen Ermittlungen gibt es allerdings keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Ansprechpartner auf sein Ansinnen positiv reagiert
haben.

Auf der Basis dieser Ideologie haben die Beschuldigten spätestens seit Ende
November des Jahres 2021 mit sich seitdem immer weiter in ihrer Intensität
steigernden Vorbereitungen begonnen. Diese umfassen die Planung
verwaltungsähnlicher Strukturen, die Beschaffung von Ausrüstung, die
Durchführung von Schießtrainings sowie die Rekrutierung neuer Mitglieder.
Zentrales Gremium der Gruppierung ist der „Rat“, dem Heinrich XIII P. R.
vorsteht. Er gilt innerhalb der Vereinigung als zukünftiges Staatsoberhaupt. Als
sein persönlicher Referent fungiert Thomas T. Die Mitglieder des „Rates“ haben
sich seit November 2021 regelmäßig im Verbogenen getroffen, um die angestrebte
Machtübernahme in Deutschland und den Aufbau eigener Staatsstrukturen zu planen.
Das Gremium verfügt ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung über
verschiedene Ressorts, beispielsweise „Justiz“, „Außen“ und „Gesundheit“. Für
die Leitung solcher Ressorts sind jedenfalls die Beschuldigten Birgit M.-W.,
Paul G., Ruth L., René R. und Melanie R. vorgesehen.

Angegliedert an den „Rat“ ist der „militärische Arm“. Einige seiner Mitglieder
haben in der Vergangenheit aktiv Dienst in der Bundeswehr geleistet. Diesem Teil
der Vereinigung obliegt es, die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt
durchzusetzen. Bewerkstelligt werden soll dies über ein bereits im Aufbau
befindliches System sog. „Heimatschutzkompanien“, mithin von militärisch
organisierten, in der Planung auch bewaffneten Verbänden. An der Spitze des
„militärischen Arms“ steht Rüdiger v. P. Dieser hat einen Führungsstab
eingesetzt, dem die Beschuldigten Maximilian E., Michael F., Frank H., Thomas
M., Wolfram S., Marco v. H., Christian W. und Peter W. angehören. Der
Führungsstab befasste sich unter anderem mit der Rekrutierung neuer Mitglieder,
der Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, dem Aufbau einer
abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur, der Durchführung von
Schießübungen sowie Plänen für die künftige Unterbringung und Verpflegung der
„Heimatschutzkompanien“. In die Umsetzung dieser Maßnahmen waren auch die
Beschuldigten Norbert G., Markus H., Matthias H., Harald P. und Ralf S.
eingebunden.

Im Fokus der Rekrutierungsbemühungen der Vereinigung standen vor allem
Angehörige der Bundeswehr und Polizei. In Umsetzung dieses Ziels kam es im
Sommer 2022 zumindest in Baden-Württemberg jedenfalls zu vier Treffen,
anlässlich derer u.a. der Beschuldigte Rüdiger v. P. für die Gruppierung und
ihre Ziele geworben hat. Im November 2022 versuchten die Beschuldigten Rüdiger
v. P., Marco v. H, Michael F., und Thomas M. in Norddeutschland gezielt
Polizeibeamte für die Vereinigung zu gewinnen. Im Oktober 2022 kundschafteten
Angehörige des „militärischen Arms“ Bundeswehrkasernen in Hessen,
Baden-Württemberg und Bayern aus, um sie auf ihre Tauglichkeit für die
Unterbringung eigener Truppen nach dem Umsturz zu inspizieren.

B. Vitalia B. ist dringend verdächtig, die Vereinigung
insbesondere dadurch unterstützt zu haben, dass sie dem
Beschuldigten Heinrich XIII P. R. bei der Kontaktaufnahme zu
Vertretern der Russischen Föderation behilflich war. Alexander
Q. wird Unterstützung zur Last gelegt, weil er für die
Vereinigung öffentlich in Internetforen geworben hat. Frank R.
soll in die Aufgaben des „militärischen Arms“ unterstützend
eingebunden gewesen sein.

C. Nach den bisherigen Ermittlungen besteht zudem der Verdacht,
dass einzelne Mitglieder der Vereinigung konkrete
Vorbereitungen getroffen haben, mit einer kleinen bewaffneten
Gruppe gewaltsam in den Deutschen Bundestag einzudringen. Die
Einzelheiten sind noch aufzuklären. Die weiteren Ermittlungen
dienen auch zur Feststellung, ob der Straftatbestand der
Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den
Bund (§ 83 Abs. 1 StGB) verwirklicht wurde.

D. Die heutigen Durchsuchungsmaßnahmen richten sich nicht nur
gegen die festgenommenen Personen, sondern darüber hinaus gegen
weitere 27 Beschuldigte, gegen die der Anfangsverdacht einer
Mitgliedschaft oder Unterstützung in Bezug auf die
verfahrensgegenständliche terroristische Vereinigung besteht.

E. Die Ermittlungen in diesem Verfahrenskomplex wurden in enger
Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt, den
Landeskriminalämtern in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin,
Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen, dem Bundesamt für
Verfassungsschutz, dem Bundesamt für den Militärischen
Abschirmdienst sowie den Landesämtern für Verfassungsschutz in
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen und Thüringen
geführt. Für die heutigen Festnahmen und Durchsuchungsmaßnahmen
sind über 3.000 Sicherheitskräfte und Polizeibeamte des
Bundeskriminalamts, Spezialkräfte der Bundespolizei, der
vorgenannten Landeskriminalämter sowie weitere Polizeikräfte
aus Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, dem
Saarland und Thüringen im Einsatz.

F. Die festgenommenen Beschuldigten werden heute und morgen (7.
und 8. Dezember 2022) dem Ermittlungsrichter des
Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle
eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden
wird.

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