Wenn Gemeinnutz dem Eigennutz dient


Wohltätigkeit lohnt sich – für die Manager und Vorstände von Hilfsorganisationen

Von Jochen Sommer
In Deutschland gibt es eine kaum überschaubare Zahl von Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen und eingetragenen Vereinen, die sich alle irgendwelche wohltätigen Ziele auf die Fahnen geschrieben haben. Man gibt sich nach außen als uneigennützige Diener des Allgemeinwohls, prangert Missstände an und rühmt sich seiner gesellschaftlichen Bedeutung. Wenn viele dieser Organisationen auch zweifellos wertvolle und nützliche Arbeit leisten, gerät dabei leicht aus dem Blick, dass es sich dabei auch für viele um ein äußerst lukratives Geschäftsmodel handelt.

Kürzlich berichtete ein ehrenamtlicher Helfer, der zur Weihnachtszeit Spenden für die Aktion „Deutschland hilft“ sammelte, dass er bei Durchsicht von deren Geschäftsbericht auf einen aberwitzigen Umstand stieß: Die beiden Geschäftsführerinnen der Aktion beziehen ein Jahresgehalt von 209.610 Euro. Überrascht von dieser enormen Summe, wandte er sich mit Fragen an die Organisation, erhielt jedoch nur ausweichende Antworten. Es wurde zur Begründung lapidar darauf verwiesen, dass bis zu zehn Prozent aller Spenden für Aktions- und Betriebskosten verwendet würden und alle Gremienvertreter ansonsten „ehrenamtlich” tätig seien. Außerdem würden sich die Gehälter der sozialversicherungspflichtigen Festangestellten „an denen des öffentlichen Dienstes” orientieren. Die Frage, wieviel die beiden Damen an der Spitze genau verdienen und wie die Höhe dieser Bezüge zustande kommt, wurde jedoch nicht beantwortet. Wenn es um Transparenz geht, orientiert man sich also ganz offenbar nicht mehr am öffentlichen Dienst – wo die Höhe der Gehälter ja für jedermann einsehbar ist.

Fürstliche Gehälter auch bei Greenpeace & Co.
Auch ohne auf die in den letzten Jahren publik gewordenen ganz großen Skandale (etwa bei der Frankfurter und Wiesbadener Arbeiterwohlfahrt, AWO) zu verweisen: Es stellt sich generell die Frage, warum die Führungskräfte von Organisationen, die nichts produzieren, sondern lediglich Spenden verwalten und meist einen kleinen Mitarbeiterstab haben, oftmals hanebüchen übersetzte Gehälter beziehen müssen, zu denen oft auch diverse Zusatzleistungen und Privilegien, wie Dienstwagen oder Spesen hinzukommen. Denn: Dies alles wird aus eben den Spenden finanziert, die zahllose Menschen leisten, um vermeintlich damit Bedürftigen zu helfen oder andere soziale Zwecke zu unterstützen. Das tun sie auch – aber nur zu einem weitaus geringeren Anteil, als ihnen bewusst (und ethisch vertretbar) ist.

Seit Jahren ist wohlbekannt, wenngleich der breiten Öffentlichkeit jedoch nicht bewusst, welche fürstlichen Gehälter sich auch die Führungskräfte von Organisationen wie Greenpeace, Misereor, UNICEF und weiteren einstreichen. Diese Aufwendungen fürs Spitzenpersonal werden oftmals in nichtssagenden Rubriken wie „Verwaltungskosten” versteckt. 2016 lagen die Verwaltungskosten bei Greenpeace Deutschland bei über vier Millionen Euro, genau wie der Anteil der Werbungskosten. Genau wie andere Organisationen, gönnen die Umweltschützer sich sogar gleich zwei oder noch mehr Vorstände.

Schlicht nicht mehr zu vermitteln
Im gleichen Zeitraum kassierte die Führung der Welthungerhilfe über 150.000 Euro, die drei Mitglieder der Geschäftsführung von Misereor durften sich über mehr als 270.000 Euro freuen, bei „World Vision” waren es insgesamt 261.000 Euro für beide Vorstände, bei der Diakonie bezogen der Präsident und die beiden Vorstände Gehälter zwischen rund 128.000 und 139.000 Euro, bei den SOS-Kinderdörfern waren es im Schnitt rund 157.000 Euro. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Warum und wofür die Führungskräfte solcher Organisationen sechsstellige Jahresgehälter beanspruchen und erhalten, die oftmals noch mit horrenden Zusatzannehmlichkeiten, Spesen und geldwerten Leistungen verbunden sind, ist wohl niemandem mehr begreiflich zu machen – am wenigsten denen, die im guten Glauben immer wieder spenden, ohne zu wissen, wo ihr Geld zu weiten Teilen hinfließt. Damit diskreditieren sie ihren Zweck und lassen die apokalyptischen Szenarien, die sie oft als Hintergrund für ihre Spendenaufrufe verwenden, noch fragwürdiger erscheinen.

Gerade in Zeiten zunehmender sozialer Prekarisierung wie diesen ist dieser Umgang mit gemeinnützigen Geldern höchst amoralisch.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Ein Gedanke zu “Wenn Gemeinnutz dem Eigennutz dient

  1. Es ist schier unglaublich, was da abgeht. – Und wie wir tagtäglich belogen werden. Die Profite der Funktionärinnen solcher lukrativen gemeinnützigen Scheinverbände, die eigentlich getarnte Firmen sind, werden mit herzerweichenden Schock-Bildern von gutgläubigen Spenderinnen eingeworben.
    Die Gelackmaierten sind auch die naiven guten Menschen, die als Wasserträger in solchen Organisationen ehrenamtlich tätig sind.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..